3 Seiltypen – Unterschied | Einfachseil | Halbseil | Zwillingsseil
Ich versuche etwas Licht in den Seildschungel zu bringen und erkläre, wann du am besten Einfachseile, Halbseile oder Zwillingsseile verwendest.
Die drei Kletterseiltypen in Kürze
- Zum Klettern werden ausschließlich dynamische Seile verwendet, da sie sich dehnen und bei einem Sturz die Energie besser absorbieren.
- Einfachseile werden beim Sportklettern und einfachen Mehrseillängen verwendet.
- Halbseile werden bei Mehrseillängen, alpinen Touren oder beim Eisklettern eingesetzt
- Zwillingsseile werden für sportliche alpine Touren eingesetzt und sind leichter als Halbseile
- Zum Nachsichern im Klettersteig oder beim Wandern reicht ein kurzes (20 bis 30 m) Einfachseil oder Halbseil mit dünnem Durchmesser (8 mm)
Die 3 Arten von Kletterseilen:
Die dynamischen Kletterseile werden in Einfachseile, Halbseile und Zwillingsseile unterschieden – sie verfügen über unterschiedliche Eigenschaften und Anwendungsbereiche.
Die aktuelle gültige Norm ist die EN 892:2016 12.
Sie regelt die Anzahl der Normstürze, die Fangstoßkraft, Seildehnung, Knotenweite, Mantelverschiebung, Gewicht und Durchmesser.
Einfachseil
Kennzeichnung: Kreis mit einer 1 in der Mitte
Durchmesser: von 8,5 bis 11 mm
Länge: von 20 bis 200 m
Gewicht: 52 bis 88 g/m
Einsatzgebiet: Sportklettern (Indoor u. Outdoor) einfache Mehrseillängen etc. Einfachseile können grundsätzlich für jede Form des Kletterns verwendet werden.
Eigenschaften – Einfachseil
Einfachseile werden nur im Einzelstrang verwendet und müssen daher die höchsten Anforderungen erfüllen. Sie sind einfach und unkompliziert in der Handhabung.
Bei Einfachseilen kommt es nicht so sehr auf die Gewichtsoptimierung an, sondern eher auf die Widerstandsfähigkeit. Daher haben Einfachseile oft einen hohen Mantelanteil, was sie robust und widerstandsfähig gegen Abnutzung macht.
Angaben zur Norm:
Fangstoß: max. 12 kN
Seildehnung: max. 10% (bei statischer Belastung mit einem Normgewicht von 80 kg)
Sturzzahl: 5
Knotenweite: maximal das 1,1-fache des Seildurchmessers
Halbseil
Kennzeichnung: Kreis mit ½ in der Mitte
Durchmesser: 7,1 bis 9 mm
Länge: von 30 bis 100 m
Einsatzgebiet: Alpine Touren, Eisklettern
Eigenschaften – Halbseil
Halbseile sind im Einfach- und Doppelstrang zugelassen.
Schnelles Abseilen
Gegenüber den Einfachseilen, ermöglichen Halbseile die doppelte Seillänge beim Abseilen – die Seile können aneinander-geknotet werden.
In Dreierseilschaften können parallel zwei Kletterer vom Stand aus nachgesichert werden.
Angaben zur Norm:
Fangstoß: max. 8 kN
Seildehnung: 12 %
Sturzzahl: 5
Zur Verwendung muss das Sicherungsgerät „doppelstrangfähig“ sein, zum Beispiel ATC Guide oder Petzl Reverso.
Zwillingsseil
Kennzeichnung: zwei ineinander verschlungene Ringe in einem Kreis
Durchmesser: 6,9 bis 8 mm
Länge: von 20 bis 100 m
Einsatzgebiet: Alpine Sportklettertouren und anspruchsvolle Mehrseillängen
Eigenschaften – Zwillingsseil
Anders als Halbseile dürfen Zwillingsseile immer nur gemeinsam im Doppelstrang genutzt werden. Das nennt man Zwillingsseiltechnik.
Zwillingsseile sind für alpine Touren in Zweier-Seilschaften, aber nicht für Dreier-Seilschaften geeignet, da immer zwingend beide Seile parallel benutzt werden müssen.
Zum Abseilen ist es allerdings möglich nur einen Strang des Zwillingsseils zu verwenden.
Durch die geringe Seildicke sind die Seile leichter und platzsparender als Halbseile, haben allerdings auch eine geringere Haltbarkeit und sind anfälliger für Belastungen durch Stürze oder bei Kanten.
Angaben zur Norm:
Fangstoß: max. 12 kN
Seildehnung: 10 %
Sturzzahl: 12
Das verwendete Sicherungsgerät muss doppelstrangfähig sein.
Zwillingsseile werden fast ausschließlich von Experten in extrem anspruchsvollen Touren verwendet.
Welches Seil zum Sportklettern?
Zum Sportklettern werden, sowohl in der Halle als auch am Felsen, Einfachseile verwendet.
Für Outdoor-Sportklettern am Felsen gelten 60 m Seillänge als Standard.
Längere Routen können aber auch ein 80 m langes Seil erforderlich machen. Zudem kann ein längeres Seil abgeschnitten werden, wenn der Kern beschädigt ist.
Wenn du mit dem Seil nur in der Halle kletterst, ist keine Imprägnierung nötig.
Im Freien empfehlen wir dir ein imprägniertes Seil. Eine Imprägnierung kostet ca. 40 Euro mehr, verlängert aber die Haltbarkeit des Seils deutlich.
Anfänger, die viel im Toprope klettern, kaufen am besten ein Seil mit einem großen Durchmesser (10 mm oder größer), da das Seil robuster und reißfester ist. Der größere Durchmesser zahlt sich bei häufigen Stürzen aus.
Fortgeschrittene Kletterer werden ein etwas dünneres Einfachsteil zu schätzen wissen, da die Reibung deutlich geringer ist und aufgrund des geringen Gewichts beim Klettern weniger belastet.
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Welches Seil für Indoor und Toprope Klettern ?
Zum Klettern in der Kletterhalle empfehlen wir ein Einfachseil mit einer Länge von 40 bis 50 Metern.
Die speziellen Hallenkletterseile, die im Handel erhältlich sind, sind durch ihren hohen Mantelanteil extrem abriebfest und robust.
Da beim Toprope Klettern die Belastung am Seil durch den ständigen Zug höher ist, empfiehlt sich hier ein robustes Seil mit einem dickeren Durchmesser (10 mm oder dicker).
Diese Seile sind zwar schwerer, aber das spielt beim Klettern in der Halle, aufgrund des kurzen Zustieg und der kürzeren Routen nur eine untergeordnete Rolle. Eine Imprägnierung ist bei einem Hallenkletterseil nicht nötig.
Kletterseile speziell für die Halle
- Kürzer
- Robuster
- Günstiger
- Ohne Imprägnierung
Welches Seil eignet sich für einfache und kurze Mehrseillängen?
Wenn bei der Tour kein Abseilen notwendig ist, empfehlen wir ein leichtes Einfachseil mit einer Länge von 60-80 Metern.
Welches Seil für Mehrseillängen und Alpinklettern?
Für anspruchsvollere Mehrseillängen und beim Alpinklettern haben sich zwei Halbseile im Doppelstrang als Standard etabliert.
Nur mit zwei Halbseilen ist die gleichnamige Halbseiltechnik möglich, bei der die Seilstränge abwechselnd in die Zwischensicherungen eingehängt werden und nicht immer parallel geführt werden müssen.
Das reduziert bei vielen Routen die Seilreibung, sorgt für besseres Seilhandling und mehr Sicherheit und Komfort beim Klettern.
Gegenüber Einfachseilen kann mit Halbseilen doppelt so weit abgeseilt werden.
- Mit einem 60 m Einfachseil können nur 30 m abgeseilt werden.
- Mit zwei 60 m Halbseilen können 60 m abgeseilt werden
Dreierseilschaft
Während bei einer Zweierseilschaft auch die Verwendung von zwei Zwillingsseilen möglich ist, muss bei einer Dreierseilschaften zwingend mit zwei Halbseilen im Doppelstrang geklettert werden. Nur mit zwei Halbseilen lassen sich zwei Kletterpartner parallel vom Stand nachsichern.
Zwillingseile
Wer mit zwei Zwillingsseilen klettert, muss die Zwillingsseiltechnik anwenden, bei der die beiden Seilstränge immer parallel verlaufen und paarweise in die Zwischensicherungen eingehängt werden.
Welches Seil zum Eisklettern?
Beim Eisklettern ist eine Sicherheitsreserve sehr sinnvoll. Daher empfehlen wir die Verwendung von zwei imprägnierten Halbseilen im Doppelstrang mit einer Länge von 60 m.
Durch herabfallendes Eis oder durch eine Beschädigung durch die Eisgeräte oder Steigeisen kommt es beim Eisklettern immer wieder zu Verletzungen am Seil.
Da sorgt ein zusätzlicher Strang für eure Sicherheit und auch beim Abseilen sind Halbseile vorteilhaft, da jeder Strang einzeln genutzt werden kann. Beim Drytooling reicht in der Regel ein Einfachseil.
Welches Seil zum Bergsteigen und für Hochtouren?
Für eine Hochtour am Gletscher empfiehlt sich ein dünnes Einfachseil mit einer Länge von 30-60 m.
Im Falle eines Spaltensturzes muss das Seil für die Spaltenbergung genutzt werden und ein Flaschenzug gebaut werden.
Auch wenn die Hochtour mit Kletterpassagen gespickt ist, ist ein etwas längeres Seil sinnvoll.
Manchmal sieht man auch Bergführer, die bei reinen Gletschertouren ohne Kletterpassagen mit einem ganz leichten statischen Seil am Gletscher unterwegs sind. Das empfehlen wir hier ausdrücklich nicht.
Welches Seil für Wanderungen oder am Klettersteig?
Für das Nachsichern von Kindern oder Anfängern beim Wandern oder an Klettersteigen gibt es relativ kurze und leichte Einfachseile mit einer Länge von 20 oder 25 Metern und einem geringen Durchmesser von 8 mm. Sie sind platz- und gewichtssparend.
Welches Seil für Big Wall Klettern?
Für das Klettern an großen Wänden, wie es sie zum Beispiel im amerikanischen Yosemite Nationalpark gibt, eignen sich robuste Einfachseile mit einem Seildurchmesser von 10 mm oder mehr. Für das Nachholen des Haulbags verwendet man Statikseile.
Unterschiede zwischen statischen und dynamischen Seilen
1. Dynamische Seile
Beim Klettern werden ausnahmslos dynamische Seile eingesetzt.
Sie sind aufgrund der gedrehten Fasern dehnfähig. Dadurch federn sie den so genannten Fangstoß bei Stürzen besser ab, indem die Fasern die Energie aufnehmen.
Die Seildehnung beträgt je nach Seil maximal 10 und 12 %. Unter den dynamischen Seilen unterscheidet man Einfach-, Halb- und Zwillingsseile.
2. Statische Seile
Werden offiziell als „Kernmantelseile mit geringer Dehnung“ bezeichnet.
Streng genommen handelt es sich um „halbstatische Seile“, da die Dehnung bis zu 5 % beträgt. In der Kletterszene hat sich aber der Begriff Statikseil etabliert.
Statikseile sind für den Einsatz beim Klettern ungeeignet.
Bei einem Sturz würden hier hohe Kräfte auf den Kletterer wirken, was zu Verletzungen führen würde. Zusätzlich würden die Bohrhacken und Standplätze im Falle eines Sturzes unnötig stark belastet.
Statikseile werden daher vor allem als Fixseile zum Einbohnren einer Route oder als Sicherheitsseile bei Höhenarbeiten oder als Rettungsseile eingesetzt. Außerdem können dünne Statikseile mit bestimmten Geräten zum Abseilen verwendet werden.