12 Gefahren am Klettersteig | Wie gefährlich sind Klettersteige?
- Unfallstatistiken und die 12 größten Gefahren am Klettersteig.
- Zu jeder “Gefahr” gebe ich hilfreiche Tipps für mehr Sicherheit am Klettersteig.
Gefahren am Klettersteig – In Kürze
- Die häufigste Unfallursache am Klettersteig: Stürze ins Klettersteigset (Fehleinschätzung eigener Fähigkeiten).
- Die gefährlichsten Unfälle: Ungesicherter Absturz (Klettersteigset nicht eingehängt).
- Verletzungen ohne Sturz: Überbeanspruchung oder fehlende Fitness führen zu Verletzungen (z.B. Schulter, Fußgelenk).
- Unfälle durch Steinschlag: Mit 7 % Häufigkeit zwar relativ gering, aber Steinschlag ist am Klettersteig nie ganz auszuschließen.
In Relation zu den hohen Begehungszahlen passieren nur wenige schwere Verletzungen.
In Anbetracht der hohen Begehungszahlen ist das Risiko von schweren oder tödlichen Verletzungen als gering einzustufen. So passierten beispielsweise im gesamten Bundesland Tirol (Österreich) zwischen 2010 und 2016 – 2 tödliche Unfälle. (Studie)
12 Gefahren am Klettersteig
- Ungesichert am Klettersteig
- Steinschlag
- Überbelastung + Erschöpfung
- Partnercheck
- Gewitter
- Abstand halten
- Überholen
- Allein am Klettersteig
- Mangelhafte Absicherung
- Schlechte Tourenplanung
- Regen, Schnee, Nässe
- Hitze und Sonneneinstrahlung
Sind Klettersteige gefährlich?
Ja, aufgrund der Höhe und der damit verbundenen Absturzgefahr sind Klettersteige als potentiell gefährliche Sportart einzustufen.
Werden alle Sicherheitsvorkehrungen eingehalten, lassen sich die Gefahren aber auf ein Minimum reduzieren. Die Wahrscheinlichkeit von lebensbedrohlichen Verletzungen ist zwar nicht auszuschließen, aber laut Statistik, sehr gering.
12 Gefahrenquellen und Fehler am Klettersteig
…und wie du sie vermeiden kannst.
1. Ungesichert am Klettersteig.
Todesursache Nummer 1 ist der Absturz ungesicherter Klettersteiggeher.
Es können immer Fehler passieren – und genau dafür hast Du ein Klettersteigset.
Das Klettersteigset ist Deine Notfallsicherung.
Die meisten Todesfälle lassen sich ganz einfach dadurch verhindern, indem das Klettersteigset ordnungsgemäß eingehängt wird.
Das Klettersteigset wird oft ausgehängt:
- In einfachem Gelände
- Beim Umhängen (zwischen den Verankerungen)
- Beim Überholen (es ist besondere Vorsicht geboten)
Richtiges Einhängen und Umhängen
Karabiner immer einzeln Umhängen
Wenn beide Karabiner gleichzeitig umgehängt werden, dann bist du für einen Moment komplett ungesichert.
Ein Sturz in genau diesem Moment wäre fatal. Um das zu vermeiden, bleibt ein Karabiner immer eingehängt. Die Karabiner werden einer nach dem anderen umgehängt.
Immer beide Karabiner einhängen
Ein Fehler, der leider immer wieder vorkommt und zu tragischen Unfällen führt, ist die „180 Grad Fehlanwendung“.
Diese Fehlanwendung bedeutet, dass nur einer der beiden Karabiner im Klettersteig eingehängt wurde – der zweite Karabiner wurde am Klettergurt befestigt.Kommt es in diesem Moment zum Sturz, löst die Sicherungsmechanik des Bandfalldämpfers nicht aus.
Wenn du an einfachen Stellen nur einen Karabiner verwenden möchtest, dann kannst du die beiden Karabiner zusammenhängen (siehe Bild).
- Vorausgesetzt dein Klettersteigset ist dafür geeignet.
Das ist zwar nicht empfohlen (immer beide Karabiner einhängen) aber so bleibt zumindest die Sicherungsmechanik des Bandfalldämpfers erhalten.
2. Gefahren durch Steinschlag
Speziell an viel begangenen Klettersteigen ist vermehrt mit Steinschlag zu rechnen. Viele Klettersteige befinden sich in alpinem Gelände, und dort kann sich immer mal ein Stein lösen und herabfallen.
- Meist sind es andere Kletterer die einen Stein lostreten. Achtung bei sehr beliebten Klettersteigen.
- Steinschlag kann aber auch durch Wildtiere oder Wind ausgelöst werden.
Gefahrenstellen erkennen und schnell überwinden
- Generelle Vorsicht bei Abschnitten mit brüchigen Gestein.
- Achtung wenn direkt über dir geklettert wird.
- Felsrinnen lenken Steinschlag wie ein Trichter – diese sollten schnell durchquert werden.
- Auf Felsbändern oder Traversen befindet sich oft viel loses Gestein.
Richtig reagieren bei Steinschlag:
- Körper so nahe wie möglich an die Felswand. So erhöhst du die Wahrscheinlichkeit, dass die Steine über dich hinweg fallen.
- Angriffsfläche verkleinern und gerade aus schauen, sodass der Helm nach oben hin Schutz bietet (nicht nach unten schauen, sonst wird der Nacken freigelegt).
- Rucksack über den Kopf so dass dein gesamter Körper nach oben hin geschützt ist.
Am Klettersteig ist das Tragen eines Kletterhelms ein MUSS!
Die Wahrscheinlichkeit dass du im Laufe deiner Klettersteig-Karriere einmal von einem Stein getroffen wirst ist relativ hoch. Meist sind das kleine Steine die einfach vom Kletterhelm abprallen – ohne Helm können auch kleine Steine schnell zu offenen Platzwunden am Kopf führen.
Wir haben 12 Kletterhelme getestet!
Die 5 Gewinner stellen wir im aktuellen Kletterhelm-Test vor.
3. Überbelastung + Erschöpfung
- Mehr als die hälfte aller Rettungseinsätze entstehen aufgrund von Überbelastung und Erschöpfung.
Die betreffenden Personen sind körperlich so erschöpft, dass sie nicht mehr weiter kommen. In den meisten Klettersteigen ist ein Umkehren nicht möglich und der einzige Ausweg ist nach oben oder im schlimmsten Fall ein Rettungshubschrauber.
Die Klettersteig-Tour sollte dem aktuellen Fitnesszustand der schwächsten Person angepasst werden.
Es macht Sinn mit leichten Klettersteigen anzufangen und sich langsam im Schwierigkeitsgrad nach oben zu arbeiten. Bitte auch die länge der Tour (inkl. Zustieg und Abstieg) in die Routenplanung mit einbeziehen.
Überbelastungen Gelenke und Muskulatur
Durch die ständigen Zugbewegungen ist vor allem die Schultermuskulatur häufig betroffen. Um die Schulter bzw. Armmuskulatur zu entlasten, drücke dich aus den Beinen heraus nach oben. Konzentriere dich von Anfang an darauf die Arme zu entlasten.
Tipps um Überbelastung zu vermeiden
1. Wähle den passenden Schwierigkeitsgrad
Die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten (vor allem Männer sind davon betroffen) kann in den Bergen ganz schnell zu unangenehmen Situationen führen.
Überschätzung führt meist dazu, dass die Bergrettung ausrücken darf.
2. Rastschlinge – ein MUSS
Ich empfehle immer eine Rastschlinge mit dabei zu haben.
Die Schlinge kommt sowohl bei körperlicher Erschöpfung als auch bei psychischen Belastungen (Stress, Panik) zum Einsatz.
Übe die Verwendung der Rastschlinge so lange, bis du sie im Schlaf beherrschst.
Hast Du das Einhängen der Schlinge perfektioniert, kannst du dich innerhalb von Sekunden (auch in stressigen Situationen) in die Rastschlinge setzen und entspannen.
3. Pausen, Flüssigkeit, Sonnenschutz
Regelmäßige Pausen (an geeigneten Stellen) und laufende Flüssigkeitszufuhr.
Eine Trinkblase macht speziell am Klettersteig viel Sinn – so kannst Du trinken, ohne dafür den Rucksack ablegen zu müssen.
- Achtung vor der prallen Sonne – stundenlange Sonneneinstrahlung saugt Energie.
- Kopfbedeckung und Sonnencreme nicht vergessen.
4. Gefahren am Klettersteig – Partnercheck vergessen
Bitte IMMER durchführen.
- Klettergurt
Moderne Klettergurte lassen sich fast nicht mehr falsch anziehen. Bitte dennoch die Schlaufen kontrollieren. - Klettersteigset
Achte darauf ob das Klettersteigset richtig eingebunden ist. - Rastschlinge
Auch die Rastschlinge kontrollieren.
Klettersteigset Test
Wir haben 17 Sets getestet und die Besten stellen wir im aktuellen Klettersteigset-Test vor.
5. Gewitter
Blitzschlag am Klettersteig = Lebensgefahr!
Exponiert und umgeben von Stahlseilen – das ist keine gute Kombination.
Tourenplanung
Da Gewitter meist am Nachmittag auftreten ist es essentiell früh zu starten. Idealerweise ist die Tour zu Ende noch bevor das Gewitter eine Gefahr darstellen kann.
Wetterbericht laufend checken und bei drohendem Gewitter die Tour abbrechen und einen möglichen Notausstieg nutzen.
Tempo steigern – wenn möglich zügig weitergehen um den Klettersteig schnellstmöglich zu verlassen.
Was tun bei Gewitter?
- Weg vom Stahlseil
- Weg von ausgesetzten Punkten
- Weg von Wasserläufen
- Klein machen und Kauerstellung einnehmen
- In geeigneten Höhlen, Mulden oder unter Felsvorsprüngen Schutz suchen.
6. Zu wenig Abstand halten
Da sich das Klettersteigset, im Falle eines Sturzes dehnt bzw. sich der Bandfalldämpfer öffnet – fällt der Stürzende relativ weit über den nächsten Fixpunkt hinaus.
Bis das Klettersteigset den Sturz schlussendlich abfängt, vergehen einige Meter.
Damit der Stürzende keinen Dominoeffekt auslöst und weitere Kletterer mitreisst, ist es essentiell, dass ein dementsprechend großzügiger Abstand eingehalten wird (ca. 2 Seilverankerungen).
7. Gefahrenquelle – Überholen am Klettersteig
Am Klettersteig ist nicht viel Platz – und die meisten Stellen sind zum Überholen ungeeignet. Deshalb sind beim Überholvorgang immer etwas Geduld und Übersicht gefragt.
- Wenn eine schnelle Gruppe hinter Dir ist, lass sie an einer geeigneten Stelle überholen.
- Triffst Du auf eine langsame Gruppe, sei geduldig und warte bis Du an einer sicheren Stelle überholen kannst.
Wichtig: Lasst euch nicht stressen – kommuniziert klar und deutlich!
Die neuen Klettergurte
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8. Allein am Klettersteig
Wenn Du alleine unterwegs bist, dann informiere jemanden über die Details deiner geplanten Tour. Im Notfall weiß diese Person ungefähr wann du wo du unterwegs bist.
Zu Zweit macht es nicht nur mehr Spaß, Ihr könnt euch auch gegenseitig helfen und Ihr seid insgesamt sicherer unterwegs.
9. Vertrauen ist gut Kontrolle ist besser
Kontrolliere Drahtseil und Verankerungen
Die Absicherungen am Klettersteig werden zwar laufend überprüft, sind aber nicht immer zu 100% perfekt in Schuss.
Es kann vorkommen das Trittstufen, Ankerpunkte, Bügel etc. locker werden. In diesem Fall gilt: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt.
Klettere aufmerksam und vorausschauend – vermeide es fragwürdige Sicherungspunkte zu belasten.
Vorsicht vor kaputten Stellen am Drahtseil.
Es kommt nicht selten vor, dass Drahtseile teilweise aufreißen und spitze Stellen hervortreten – dies ist nicht unbedingt Sicherheitsrelevant, aber es kann zu Verletzungen der Handfläche kommen. Auch hier gilt: vorausschauend klettern und poröse Stellen meiden.
Klettersteig-Handschuhe kosten nur ca. 20 Euro und bieten zusätzlich Schutz.
Klettersteighandschuhe sind eine wahre wohltat für die Handflächen.
Der Test hat gezeigt: günstige Arbeitshandschuhe funktionieren oft besser als teure Markenprodukte. Die 5 besten Klettersteig-Handschuhe.
10. Gefahrenquelle – Schlechte Tourenplanung
Zu einer guten Tourenplanung gehören folgende 6 Punkte
- Schwierigkeitsgrad (dem Können angepasst)
- Wetter
- Zustieg / Startpunkt
- Länge und Dauer des Klettersteigs (inkl. Abstieg)
- Möglicher Notausstieg
In vielen Klettersteigen hast du die Möglichkeit zwischendurch auszusteigen und am Normalweg weiterzugehen oder abzusteigen. - Verpflegung und Wasser
Muss der Länge und Dauer der Tour angepasst sein. Sind bewirtschaftete Hütten in der Nähe?
Eine Karte oder ausgedruckte Übersicht der Route dienen als Backup fürs Handy.
11. Gefahren Klettersteig – Regen, Schnee und Nässe
Sind Fels und Stahlseil nass, wird die Tour schnell um ein bis zwei Grad schwieriger. Speziell Trittstufen werden bei Nässe gefährlich rutschig. Auch der Grip an Stahlseil und Fels lassen stark nach.
Ist die Regenwahrscheinlichkeit hoch, dann bitte auf den Klettersteig verzichten.
Willst du trotzdem los, dann plane Reserven ein und wähle nur Touren die weit unter Deiner persönlichen Leistungsgrenze liegen.
Welche Schuhe für den Klettersteig?
Hoher Schaft oder Halbschuhe?
Beides geht – wir haben getestet!
Die 3 besten Halbschuhe &
Die 3 besten Schuhe mit hohem Schaft.
12. Hitze und Sonneneinstrahlung
Am Klettersteig kann es (je nach Ausrichtung der Wand) extrem heiß werden. Die Ausrichtung der Wand solltest Du in deiner Tourenplanung mit einbeziehen.
Hochsommer + Mittagszeit + Südwand = Extreme Hitze
Vermeide Sonnenstich und Schwindel
- Genügend Flüssigkeit mitnehmen (mindestens 2 Liter)
- Achte von Anfang an darauf immer wieder kleine Trinkpausen einzulegen.
- Großzügig Sonnencreme auftragen
- Sonnenschutz und Kopfbedeckung für den Abstieg
Klettersteig-Ausrüstung| 7 Dinge die JEDER braucht!
Alles was Du für den Klettersteig brauchst findest Du hier zusammengefasst:
- Technik
- Taktik
- Planung
- Training