Felsklettern Lernen | OUTDOOR – Von der Halle an den Fels
Tipps und Tricks und alles was Du beim Felsklettern beachten solltest.
Die notwendige Ausrüstung.
Die Unterschiede zwischen Hallenklettern und Felsklettern.
Felsklettern – von der Halle an den Fels
Bevor Du das erste Mal am Fels kletterst, solltest Du Folgendes besitzen bzw. gemacht haben:
- einen Kletterpartner dem Du blind vertraust
- Vollständige Ausrüstung in hervorragendem Zustand
- Du beherrschst den Achter-Knoten und den HMS-Knoten im Schlaf
- Respekt vor der Natur
- Du bist bereits einige Male im Vorstieg geklettert
- Du hast einige Sturztrainings hinter Dir
- Du warst schon ein paar Mal in einem Klettergarten
- Idealerweise hast Du einen Kurs zum Felsklettern absolviert
- Du hast alle relevanten Sicherungstechniken in der Halle geübt
Hallenklettern vs. Felsklettern
Hallenklettern
- Expressen sind fix in der Wand platziert
- Standardisierte Hakenabstände
- Gerader Seilverlauf
- Kaum Seilreibung
- Regelmäßige Wartung
- Tritte und Griffe können so gut wie nicht ausbrechen (bzw. sehr, sehr selten)
- Kein Helm nötig (kein Steinschlag)
- Griffe und Tritte sind durch Farben gekennzeichnet und daher leicht zu erkennen
- Umlenkpunkt besteht (fast immer) aus zwei Karabinern (Schraub-oder Schnappkarabiner)
- Kein Umbinden nötig
Felsklettern
- Keine fixen Expressen vorhanden
- (müssen angebracht werden)
- Hakenabstände variieren (meist längere Hakenabstände)
- Der Seilverlauf ist nicht immer gerade (Seilreibung beachten)
Tipp: immer ein paar längere Expressschlingen mitnehmen um die Seilreibung zu minimieren) - Nicht überall werden die Klettergärten regelmäßig gewartet (Sicherheit)
- Helm tragen (Steinschlaggefahr)
- Griffe und Tritte sind schwerer zu erkennen – Das richtige “Lesen” der Route kommt als Variable hinzu.
- Umlenkpunkt besteht nicht immer aus 2 Karabinern – Umbinden notwendig. (mehr dazu weiter unten)
Klettern Outdoor – Tipps und Tricks
Felskletter-Tipp Nr. 1
Anfangs Routen wählen, die unter Deinem Schwierigkeitsgrad in der Halle liegen. Generell ist es üblich am Felsen leichtere Routen zu wählen (zumindest am Anfang) während man in der Halle Grenzen austestet und schwierige Routen in Angriff nimmt.
Du musst nicht verpflichtend bereits Erfahrung in Halle vorweisen bevor Du mit dem Felsklettern anfängst, aber empfehlenswert ist es auf alle Fälle.
Die Routen am Felsen unterscheiden sich zu denen in der Halle, wodurch Du am Fels das eine oder andere Mal auch eine Technik brauchen wirst, für die Du in der Halle keine Verwendung findest (dazu später mehr).
In unserem Artikel über Klettertechnik „Kletter- & Bouldertechnik verbessern – 25 Klettertechnik-Tipps“ sind alle Techniken inkl. Bilder und Videos genau beschreiben – einfach lernen und Nachmachen.
Planung und Anreise
Gute Vorbereitung und Planung sind beim Felsklettern Deine besten Freunde. Informiere Dich eingehend über mögliche Klettergebiete in Deiner Umgebung und achte auf die Wetterprognosen.
Manche Felswände sind trotz guter Beschreibung oft schwer zu finden. Plane genügend Zeit ein für den Fall dass es etwas länger dauert. Wenn Du Zeit und Lust hast, hilft auch eine kurze Besichtigung der Wand im Vorhinein, z.B. im Zuge einer Wanderung in der Umgebung.
Ein weiterer Punkt ist die Parkplatzsuche. Informiere Dich unbedingt vorher wo Du parken kannst. Es kommt doch recht häufig vor (speziell bei stärker frequentierten Klettergebieten) dass die Einwohner etwas sensibel auf Falschparker reagieren.
Ausrüstung für das Klettern am Fels
Klettern ist eine Sportart bei der man so einiges an Ausrüstung benötigt. Vor allem für Einsteiger ist es oft schwierig aus den Unmengen an Angeboten, das richtige Equipment zu finden und zu wissen, was überhaupt wann benötigt wird.
Komplette Packliste: Klettern INDOOR
Komplette Packliste: Klettern OUTDOOR
Kletterausrüstung ist High-Tech
Seit 1995 sind alle europäischen Hersteller von Bergsport-Ausrüstung dazu verpflichtet die Richtlinien von PPE (Personal Protective Equipment) zu erreichen. Darüber hinaus gibt es die UIAA (Union Internationale des Associations d’Alpinisme) die Standards für Kletterausstattung bestimmt und kennzeichnet.
Erst leihen dann kaufen
Für Kletter-Neulinge gibt es in so gut wie jeder Halle die Möglichkeit sich die Grundausstattung auszuleihen. Das hat den Vorteil, dass Du verschiedene Hersteller und Fabrikate austesten kannst und so herausfindest was zu Dir passt. Das erleichtert den Kauf der Ausrüstung enorm.
1. Kletterschuhe
Kletterschuhe zu kaufen ist für viele Einsteiger eine Herausforderung. Ein gut sitzender Schuh ist die Grundlage für Deine Kletter-Performance, daher sollte der Kauf der Schuhe gut überlegt sein.
- Kleine Tritte
- Überhang
- Bouldern
- Senkrechte Kletterei
- Anfänger, Könner & Experten
- etc.
2. Klettergurt
Der Klettergurt ist neben den Schuhen und dem Seil der wichtigste Bestandteil der Kletterausrüstung. Immerhin sichert er Dich vor Stürzen und verbindet Dich mit Deinem Kletterpartner.
Idealerweise sitzt der Gurt oberhalb Deiner Hüfte und lässt Dir genug Freiraum im Schritt. Eine Polsterung ist zwar angenehm, aber nicht zwingend notwendig, obwohl es gerade bei längeren Klettertouren schon sehr zu empfehlen ist.
Die neuen Klettergurte
TEST
- Leichter
- Bequemer
- Mehr Bewegungsfreiheit
3. Der Helm
Auch hier mangelt es nicht an verschiedenen Modellen, Ausführungen, Formen und Größen. Zu beachten ist, dass der Helm Dein Sichtfeld in keiner Weise einschränkt, sich nicht am Rucksack verhängt, wenn Du nach oben blickst und keine Druckstellen aufweist.
4. Kletterseil
Wie auch beim Schuh und beim Gurt ist die Qualität des Seiles unheimlich wichtig. Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichen Stärken mit verschiedenen Charaktereigenschaften für die jeweiligen Bedingungen.
Für Einsteiger eignet sich vor allem ein „Einfachseil“. Diese sind zwar etwas schwerer als Halbseile, dafür aber einfacher im Handling bei der Sicherung und bei Stürzen.
Die empfohlene Mindestseillänge beträgt 60 Meter, wobei Du immer im Vorhinein überprüfen solltest, wie lange die Route ist, die Du gewählt hast, da der Trend zu immer längeren Distanzen führt, wodurch es Situationen gibt, in denen 60 Meter zu kurz sind. Ich empfehle mind. 70 Meter.
Lebensdauer – Kletterseil
Des Weiteren ist die Lebensdauer eines Seils zu beachten. Bei Stürzen aber auch beim Abseilen wirken enorme Kräfte auf das Seil ein. Es hat daher eine beschränkte Lebensdauer.
Wenn Du jetzt also mehrmals wöchentlich draußen kletterst, beträgt die Lebensdauer Deines Seiles 1-2 Jahre, danach solltest Du es gegen ein neues austauschen. Gute Pflege und achtsames Einsetzen des Seiles sorgt hier für optimale Sicherheit und kann im Ernstfall Leben retten.
Es ist langsam Zeit für ein neues Seil?
Informiere Dich BEVOR Du kaufst – im aktuellen Kletterseil-Test.
5. Die Sicherungssysteme – Felsklettern
Halbautomatische Sicherungsgeräte
Zu Beginn sind jedoch Sicherungssysteme, die im Fall eines Falls „mitbremsen“ (sogenannte Halbautomaten) von Vorteil. Beliebte Fabrikate sind hier das GriGri von Pletzl und das Smart von Mammut.
Das GriGri ist geeignet für Einfachseile mit einem Durchmesser von 8,9 bis 11 mm und ist mit jedem Karabiner (mit Verschlusssicherung) kombinierbar.
Für den Smart benötigt man ein Einfachseil mit einem Durchmesser von 8,7 bis 10,5 mm. Der Karabiner muss hier ein HMS-Karabiner mit rundem Querschnitt sein.
Dynamische Sicherungsgeräte
Neben den Halbautomaten gibt’s noch sogenannte dynamische Sicherungssysteme. Diese unterstützen die Bremswirkung der Bremshand nicht – verzeihen also keine Fehler. Aus diesem Grund werden dynamische Sicherungsgeräte selten von Einsteigern verwendet, denn auch das Sichern will gelernt sein.
Tuber
Es gibt allerdings ein dynamisches Sicherungssystem, das vor allem bei Mehrseillängen zum Einsatz kommt. Das System nennt sich Tuber und wird mittlerweile von unterschiedlichen Herstellern produziert.
Der große Vorteil des Tubers ist, dass man sich damit selber abseilen kann, da er Platz für zwei Seile bietet. Das macht ihn für Freiluft-Kletterer durchaus attraktiv. Die Handhabung braucht allerdings etwas Übung und sollte von einem geübten Kletterer vorgezeigt werden.
Du willst wissen worauf es beim Klettern von Mehrseillängen ankommt? In unserm Beitrag: „Der Mehrseillängen Guide“ findest Du alles was Du wissen musst.
HMS
Für den Fall, dass das Sicherungsgerät runterfällt oder aus einem anderen Grund nicht zugänglich ist, solltest Du auch HMS (Halbmastwurfsicherung) beherrschen. Den HMS sollte jeder Kletterer könne – er ist ganz einfach zu lernen. Das folgende Video zeigt wie:
Abseilen mit HMS
HMS ermöglicht ein Abseilen ohne Sicherungsgerät und hat den Nachteil, dass es nur am Einfachseil funktioniert und das Seil stark beansprucht.
6. Der Karabiner
Wer schon mal einen Kletterkurs gemacht hat, weiß bestimmt noch, dass ein Karabiner zwar unheimlich viel Gewicht trägt, allerdings nur, wenn er richtig belastet wird.
Beim Kauf des Karabiners solltest Du auf eine Verschlusssicherung achten und am Etikett nachlesen ob der Karabiner überhaupt für den Klettersport geeignet ist. Je nach Sicherungssystem kann es auch vorkommen, dass Du ausschließlich bestimmte Formen verwenden kannst (z.B. beim Smart).
7. Expressen
Du kennst Expressen bereits aus der Kletterhalle, wo sie fix in der Wand verankert sind und Du nur mehr Dein Seil einhängen musst. Am Felsen brauchst Du zwischen 10-15 eigene Expressen, die Du in die Vorrichtungen an der Wand anbringst.
8. Bandschlinge
Diese wird beim Selbstsichern benötigt und erlaubt dem Kletterer im Vorstieg einen „Stand“ zu bauen. Für Einsteiger wird eine 60 cm lange Schlinge empfohlen.
Weitere Ausrüstungsgegenstände – Felsklettern
- Chalk + Chalkbag
- Erste-Hilfe-Set
- Tape
- Wasser + Snacks
- Funktionskleidung (schnell trocknend + mehrere Schichten) evtl. Wechselkleidung für den Abstieg
- Sonnenbrille
- Sonnencreme
- Seilsack
- bequemer Rucksack
- Stirnlampe für Notfälle
Zum Abschluss noch ein paar Dinge die Dich beim Felsklettern erwarten, über die Du Dir in der Halle aber keine Gedanken machen musst
Sportklettern Outdoor – Routen
In der Halle ist ja jede Route farblich gekennzeichnet, so musst Du „nur“ überlegen mit welcher Technik Du die einzelnen Griffe am Besten erreichst. In der Natur sieht das Ganze ein bisschen anders aus. Zwar weißt Du den Anfang und das Ende Deiner Tour, wie Du von A nach B kommst, musst Du selber herausfinden.
Felsklettern – “Routenlesen” ist schwieriger
Das Erkennen von Tritten und Griffen braucht viel Übung und Erfahrung. Beides sammelst Du nur ,wenn Du so oft wie möglich im freien kletterst und auch den einen oder anderen Klettergarten besuchst. Denn klettern lernst Du eben nur durch klettern.
Des Weiteren sind die Sicherungsabstände am Felsen meist um einiges weiter (größer) als in der Halle. Im Fall eines Sturzes fällst Du also weiter und kannst seltener eine Pause einlegen.
Das Glücksgefühl am Gipfel eines Berges kommt unter anderem von dem Wissen, sich gerade selber überwunden zu haben. Klettern ist also nicht nur körperlich anstrengend, sondern auch eine Herausforderung für die Psyche.
Klettern Outdoor – Sturzangst
Die Angst vor dem Fall ist uns Menschen angeboren und muss beim Klettern immer wieder aufs Neue bezwungen werden. Viel Übung macht hier den Meister, aber selbst geübten und erfahrenen Kletterern wird manchmal beim Anblick des tiefen Abgrundes unter ihnen etwas mulmig zumute.
Das ist auch völlig normal, zum Problem wird dieser gesunde Respekt nur, wenn er zur ausgewachsenen Panikattacke wird, und das ist am Felsen durchaus gefährlich.
Um dem entgegen zu wirken solltest Du viel Sturztraining, zuerst in der Halle und dann im Freien machen. Je regelmäßiger Du stürzt, desto geringer ist die Gefahr einer Panikattacke am Felsen.
Mehr dazu auf Klettern Sturztraining. 12 Schritte-Guide der funktioniert!
Wenn Du dann schließlich Deine erste Seillänge in der Natur in Angriff nimmst, helfen ein paar tiefe Atemzüge vor Beginn um den Fokus auf die Aufgabe zu richten.
Yoga ist übrigens eine hervorragende Ergänzung zum Klettern, da es die Balance fördert und statische Bewegungen mit dem eigenen Körpergewicht beinhaltet. Die dabei angewandten Atemtechniken können Dir auch in kniffligen Klettersituationen helfen die Ruhe zu bewahren.
Felsklettern – Umbinden am Stand
Bist Du eine Route bis nach oben geklettert, wirst Du in der Halle fast immer auf zwei Karabiner (Schraub- oder Schnappkarabiner) als Umlenkpunkt treffen.
Im Klettergarten ist das zwar häufig der Fall, aber bei weitem nicht immer. Es kann durchaus passieren, dass Du keinen Karabiner vor dir hast sondern einen einfachen Standplatz-Ring. Ist das der Fall, musst Du Dich umbinden.
So kannst Du Dich sicher “umbinden” :
Mehr zum Umbinden und zum Klettern im Vorstieg findest Du auf „Klettern im Vorstieg. Kompletter Guide – Indoor + Outdoor„
Ordnung am Klettergurt
Gerade am Anfang wirst Du beim ersten Mal selbstsichern etwas nervös sein. Ein Herumfummeln am Klettergurt steigert diese Nervosität noch mehr.
Ordnung hilft
Wenn Du allerdings im Vorhinein bereits jedem Gegenstand einen bestimmten Platz zugeordnet hast, erreichst Du alle benötigten Geräte ohne zu überlegen. Diese Reihenfolge lässt sich gut beim Üben der Selbstsicherung in der Halle oder im Klettergarten festlegen.
Das Wetter
In den Kletterhallen findest Du stets dieselben Bedingungen vor. Am Fels bist Du der Wetterlage jedoch frei ausgesetzt. Bei Wind, Sonne, Regen und manchmal sogar Schnee zu klettern ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, dafür um ein Vielfaches schöner als in der klimatisierten Kletterhalle.
Vor jeder Klettertour solltest Du die Wettervorhersagen beachten und nur dann losgehen, wenn Du sicher sein kannst, dass das Wetter hält. Mit der Zeit lernst Du, auf Deine Umgebung zu achten und weißt, welche Wolken Gewitter voraussagen und Du schleunigst vom Berg solltest.
Tiere
Für viele Klettersportler gehört der vollkommene Einklang mit der Natur zu den schönsten Vorteilen des Felskletterns, jedoch bedeutet das auch, dass Du nicht alleine am Felsen bist. Kleine (und große) Käfer, Schlangen, Spinnen, usw. fühlen sich in den Bergen auch sehr wohl und sollten stets im Hinterkopf behalten werden.
Naturschutz
Um die Landschaft und ihre Bewohner zu bewahren und zu schützen, solltest Du Dich wenn möglich ohne lautes Rufen mit Deinem Kletterpartner verständigen. Alternativ könnt ihr Euch unterschiedliche Zeichen ausmachen, z.B. zweimal am Seil ziehen bedeutet Du bist oben angekommen, und Dein Kletterpartner kann sich für seinen Aufstieg bereit machen.
Bitte nimm Deinen Müll wieder vollständig mit und entsorge ihn entsprechend. So bleibt die Natur und der Klettergarten angenehm sauber.