Bouldern gegen Depression | Mehr Lebensfreude durch Klettern.
Dass Bewegung gegen Depressionen hilft, ist seit langem bekannt. Eine aktuelle deutsche Studie bestätigt – Bouldern und Klettern sind höchst effektive Methoden im Kampf gegen Depressionen.
Welche Vorteile dieser Sport noch bringt und für wen Bouldern das Richtige ist, liest du in diesem Beitrag.
Bouldern gegen Depressionen
Kurz zusammengefasst:
- Soziales Beisammensein mit Gleichgesinnten verbessert Sozialverhalten und Selbstwertgefühl.
- Körperliche Aktivität bewirkt das Ausschütten verschiedener Glückshormone.
- Ängste werden durch Bouldern abgebaut und die Selbstsicherheit trainiert.
- Konzentrationsfähigkeit wird gesteigert und negative Gedankenschleifen werden abgebaut.
- Wesentliche Problembewältigungs-Mechanismen werden verbessert – der Umgang mit Problemen im alltäglichen Leben wird erleichtert.
- Fördert bewusstes Atmen und wirkt beruhigend, stresslösend und entkrampfend.
Wie Bouldern gegen Depressionen hilft
1. Positive Wirkung auf Geist und Gedanken
Bouldern hilft dir Halt zu finden – an der Wand und im Leben! Durch Bouldern ist es für jeden möglich Erfolgserlebnisse zu genießen.
Zu Beginn werden einfachere Boulderrouten ausgesucht, weshalb die ersten Erfolge nicht lange auf sich warten lassen. Dadurch steigert sich nicht nur das Selbstbewusstsein, sondern auch die Motivation weiter zu trainieren und besser zu werden.
Selbstvertrauen wird gestärkt
Der Ansporn ist groß, immer schwierigere Routen zu schaffen. Bouldern bietet die Möglichkeit Schritt für Schritt an kleinen, vordefinierten Zielen zu arbeiten, sodass hier die ideale Voraussetzung für Erfolgserlebnisse gegeben ist.
Daraus wächst eine gesunde Selbstwirksamkeit (das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten), die bei depressiven Menschen stark geschwächt ist.
Bouldern hilft Gedankenschleifen zu unterbrechen
Schließlich hängt man an der Wand und möchte nicht hinunterfallen, weshalb alle Gedankengänge, die sich nicht mit dem Hier und Jetzt beschäftigen, sich von selbst verabschieden.
Bouldern hilft negative Gedankenschleifen zu durchbrechen und den Fokus auf die Gegenwart zu steuern. Diese Lenkung, weg von negativen Gedanken, wirkt Depressionen entgegen.
Das Bouldern bringt jeden früher oder später an seine Grenzen und hilft dadurch neue Bewältigungsstrategien zu finden. Wenn die eine Technik bei einer Boulderroute nicht geklappt hat, muss eine neue Lösung gefunden werden.
Dieser Lernerfolg bewirkt den Abbau von Ängsten und trainiert die eigene Selbstsicherheit. Für den normalen Alltag im Berufs- oder Privatleben ist das ein enormer Zugewinn für die Problembewältigung.
Wer bspw. mit Versagensängsten kämpft, wird durch das Bouldern lernen, dass Misserfolge zum Leben dazu gehören und wird sich im konstruktiven Umgang mit Herausforderungen üben.
2. Der körperliche Effekt
Durch Bewegung und Sport werden verschiedene Glückshormone wie bspw. Dopamin und Serotonin ausgeschüttet. Diese bewirken, dass du dich glücklich fühlst. Die Bewegung beim Bouldern macht genau das.
Außerdem steigert Bouldern sowohl die Körperbalance als auch die Muskelkraft. Durch das Hängen in der Wand ist es notwendig die gesamte Muskulatur anzuspannen und das Gleichgewicht zu halten, ansonsten fällt man.
Durch das Training werden Balance und Kraft nach und nach trainiert, was zu einem besseren Körpergefühl, zur Gewichtsreduktion und folglich zu einem höheren Selbstwertgefühl führt, von dem besonders Menschen mit Depressionen profitieren.
Zunahme der Selbstkontrolle und der Wahrnehmung des eigenen Körpers.
Wer in der Wand hängt, der muss jeden einzelnen Muskel unter Kontrolle halten, um nicht zu fallen. Zugleich muss er seine Position verändern, wenn er bemerkt, dass er sich nicht halten kann.
Dieses Training führt dazu, dass auch im Alltag die Wahrnehmung und Kontrolle über das eigene Wohlbefinden verstärkt wird.
Menschen mit Depressionen lernen dadurch besser zu erkennen wie es ihnen geht und diese Situation zu kontrollieren, indem sie negative Umstände versuchen ins Positive zu verändern.
Unter den körperlichen Effekten spielt die Atmung eine wichtige Rolle.
Jeder Kletter-Neuling wird schnell erkennen, dass eine ruhige und tiefe Atmung dabei helfen wird, um auf den kleinen Tritten die Balance zu halten.
Eine ruhige und tiefe Bauchatmung wirkt stresslösend und entkrampfend – egal ob in der Boulderhalle oder im Alltag.
Zum Bouldern brauchst Du nicht viel.
- Bequeme Kleidung
- Ein Paar Kletterschuhe
- Etwas Chalk
Ein paar Tipps und Details findest du im Ausrüstungs-Check.
3. Die soziale Komponente
Neben dem bewussten Vereinbaren von Boulder-Treffen ist es in diesem Sport sehr einfach neue Kontakte zu knüpfen.
Bouldern animiert zum Zusammenarbeiten. Bei Erfolgen wird applaudiert und bei Schwierigkeiten werden gemeinsam neue Lösungen und Techniken geplant und erprobt.
Sozialkontakte und das Erleben von Unterstützung leisten einen wesentlichen Beitrag gegen Depressionen. Menschen, die in Kontakt mit anderen Menschen stehen, fühlen sich nachweislich sicherer und glücklicher.
Durch das gemeinsame Erleben von Erfolgen und Misserfolgen kann aus dem sozialen Anschluss in der Boulderhalle auch Freundschaft entstehen. Das Trainieren des eigenen Sozialverhaltens und der Aufbau eines sozialen Netzwerks ist für Menschen mit Depressionen ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg der Besserung.
Kann jeder Bouldern?
Bouldern bietet den Vorteil, dass für jede körperliche Fitness – egal, ob trainiert oder nicht – ein passendes Trainingslevel dabei ist.
Außerdem verursacht Bouldern meist keine enorme körperliche Anstrengung und ist dementsprechend für jeden interessant.
Auch Menschen, die an Übergewicht leiden oder wenig Muskelkraft besitzen, können diesen Sport ausüben. Aber auch Kinder können bouldern und haben meist sehr viel Spaß an diesem Sport.
Bouldern beschäftigt sich mit dem Gleichgewicht, Körpergefühl und mit verschiedenen Techniken, weshalb Muskelkraft und Ausdauer zweitrangig sind.
Mit Höhenangst Bouldern – geht das?
Ja! Auch Menschen mit Höhenangst können bouldern. In Boulderhallen gibt es neben hohen Wänden auch breite Wände, die ideal für Menschen mit Höhenangst geeignet sind. Dabei wird also nicht nach oben geklettert, sondern seitwärts.
Das ermöglicht einen sehr sanften Einstieg und ein schrittweises Antasten an die Höhe. Auch hier profitieren Menschen mit Höhenangst von den positiven Effekten des Sports, da durch regelmäßiges Training die Angst gelindert wird und die Selbstsicherheit wächst.
Wie fange ich mit Bouldern an?
Eine Schritt für Schritt Anleitung mit allen Tipps und Tricks findest du in unserem Beitrag “Bouldern lernen – Wie fange ich mit dem Bouldern an”.
Unterschiede zwischen Klettern und Bouldern
- Bouldern setzt keine besondere Einschulung voraus – bouldern kannst Du auch alleine. Fällst Du aus der Wand, fängt dich eine dicke Sicherheitsmatte auf.
- Beim Klettern wird man von einer zweiten Person gesichert.
Hierfür bedarf es einer intensiven Einschulung.
- Beim Bouldern befindest du dich in einer Absprunghöhe von max. 4 m, wohingegen das Klettern bis zu einer Höhe von 40 m stattfindet.
Gebouldert wird in überschaubarer Höhe, es braucht keinen Sicherungspartner und keine Einschulung – weshalb sich Bouldern optimal für Einsteiger eignet.
Bouldern gegen Depression – Eine deutsche Studie
Wissenschaftler der Universität Erlangen führten zwischen 2013 und 2015 eine Studie mit 233 Menschen mit Depressionen durch, in der die antidepressive Wirkung von Bouldern erforscht wurde.
Ablauf der Studie:
Die Testpersonen wurden in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe erhielt einmal pro Woche über einen Zeitraum von 8 Wochen eine Sporteinheit.
Während jeder Einheit wurden den Teilnehmenden technische Fähigkeiten im Bouldern und Lösungen im Umgang mit verschiedenen Symptomen vermittelt.
Die Selbstsicherheit zu verstärken, Problembewältigung zu trainieren, positive soziale Interaktionen zu erleben und das alles in den Alltag zu integrieren, stand dabei im Vordergrund.
Die zweite Gruppe übte ein allgemeines Aktivierungsprogramm aus und die dritte Gruppe erhielt eine professionelle Verhaltenstherapie im Rahmen einer Depressionsbewältigungsgruppe, die als Goldstandard in der Behandlung von Depressionen gilt.
Die Teilnehmenden wurden bis ein Jahr nach Abschluss der Behandlungen nachbeobachtet, um neben kurzzeitigen auch Langzeiteffekte beschreiben zu können.
Ergebinsse
Die Ergebnisse zeigen einen vergleichbaren Wert positiver Auswirkungen zwischen der Verhaltenstherapie und dem Bouldern an. Das Sportprogramm schnitt dabei etwas schlechter ab.
Durch das wöchentliche Bouldern konnte eine signifikante Verbesserung des Sozialverhaltens, des Selbstwertgefühls, der Bewältigungsmechanismen und der Angstempfindung gezeigt werden.
Dadurch verschob sich die Diagnose im Mittel um einen Schweregrad von einer „moderaten“ zu einer schwächer ausgeprägten „milden“ Depression.
Langzeitwirkung
Auch noch mehrere Monate nach Abschluss der Studie konnten diese positiven Effekte nachgewiesen werden. Die Studienteilnehmenden berichteten selbst davon, dass ihnen insbesondere die Konzentration auf das Hier und Jetzt und das Durchbrechen negativer Gedankenschleifen dabei half an Wohlbefinden dazuzugewinnen.
Hier findest du weitere Details zur Studie “Bouldern gegen Depression”.